Restauration eines Ölbildes von J.Bolly (Belgien) mit Jugendstil-Rahmen
Bei meinem letzten Besuch in der Galerie bekam ich erneut
eine herausfordernde Aufgabe. Das restaurationswürdige Bild wies beim ersten
Eindruck nur kleinere Schäden auf. Mindestens eine ältere Überholung war
bereits durchgeführt worden. Eine Farbabplatzung mit einem kleinen Leinwanddefekt
war übermalt worden und auf der Rückseite mit einem Stück selbstklebenden Band
gesichert. Ein fester Halt lag nicht mehr vor. Kleinere Farbabplatzungen zeigten
sich an mehreren Stellen des Bildes. In der rechten oberen Ecke war die
Leinwand sehr gewellt.
Im Randbereich wurde an mehreren Stellen die Leinwand offensichtlich mit Nägeln durchstoßen. Als ersten Arbeitsschritt habe ich das Bild gereinigt. Der stark vergilbte Firnis kann mit einer Mischung zweier Lösungsmittel mit Watte Pads vorsichtig abgetragen werden. Der Effekt durch die Säuberung ist beeindruckend, vorher nicht erkennbare Farbnuancen werden sichtbar und das Bild erhält einen helleren und freundlicheren Gesamteindruck. Es folgt die fotografische Dokumentation dieses Arbeitsschrittes (rechte Bildhälfte gesäubert):
Nach Abschluss der Reinigung, möchte ich die gewellte Leinwand korrigieren. Ich nehme das Bild von seinem Spannrahmen und fertige eine der Bildgröße angepassten feste Auflage an. Der vorliegende Spannrahmen ist in den Eckbereichen verleimt und nicht nachspannbar. Die alte, schon etwas brüchig erscheinende Leinwand möchte ich einer starken Belastung nicht aussetzen. Von der Rückseite feuchte ich die Leinwand mit einem Wasserzerstäuber gleichmäßig an und presse das Bild über Nacht zwischen zwei glatten Flächen. Am nächsten Tag konnte ein sehr positiver Effekt festgestellt werden, welcher auch nach längerer Beobachtungszeit unverändert blieb.
Zwei kleine Leinwanddefekte werden als Nächstes angegangen.
An zwei kleinen Leinenstücken werden im Randbereich einzelne Webfäden entfernt,
so dass die Festigkeit des Gewebsstückes zum Rand hin abnimmt. Dies wird mit
Dispersionskleber (Polyvinylacetat) auf die Rückseite der Defektstellen
aufgebracht.
Jetzt kann die geglättete Leinwand wieder auf den
Spannrahmen fixiert werden, die Farbabplatzungen werden korrigiert. Die Defekte
müssen zunächst aufgefüllt werden. Als Kitt-Masse dient mir eine Mischung aus gereinigtem
Leinöl und Champagnerkreide mit Farbpigmenten eingefärbt. Beim Verschließen der
Farbdefekte wird darauf geachtet, dass die Oberflächenstruktur gleich der
Umgebung gestaltet wird. Eine Optimierung dieses Arbeitsschrittes wäre es
gewesen, wenn ich die Farbe der Kitt Masse besser der Umgebungsfarbe angepasst
hätte. Der Vorteil dieser Unachtsamkeit ist, dass die Korrektur bei der
Dokumentation besser sichtbar ist. Vor der exakten farblichen Anpassung muss
die Kitt Masse gut durchtrocknen. Dies kann durchaus 2 Wochen dauern.
In dieser Wartezeit konnte ich die Restauration des
Bilderrahmens beginnen. An mehreren Stellen waren Stücke aus den Profilleisten
abgebrochen. In den Eckbereichen befanden sich Spaltbildungen durch ungenaue
Gehrungsschnitte. Üblicherweise sind auch hier die Verbindungen lediglich mit
einer Nagelung durchgeführt worden. Die leicht instabilen Eckverbindungen
verstärken den Eindruck fehlender Genauigkeit.
Um die Defektbereiche vor weiterer Vergrößerung zu bewahren,
werden diese Stellen mit stark verdünntem Dispersionskleber getränkt. Damit
fehlende Rahmenbereiche neu aufgebaut werden können, fertige ich zunächst einen
Silicon-Abdruck von einem intakten Profilabschnittes an. Dann wird mit Gips ein
Positiv gegossen und anschließend in die Defektbereiche eingepasst.
Die Korrektur der etwas langstreckigen Kantenabbrüche
gestaltet sich schwierig, da diese aufgrund der sehr dünnen Schicht mit
Gipsmasse nicht stabil aufgebaut werden können. Zunächst wird dies mit einer
Kitt-Masse aus Leim und Champagnerkreide versucht. Die Formung und Nachbearbeitung
gestaltet sich aber aufgrund der Materialhärte als nicht praktikabel umsetzbar.
Im Kunsthandel besorge ich mir Keramiplast, eine lufttrocknende
Modelliermasse. Diese lässt sich mit
kleinen, selbst angefertigten Spachteln gut in die Defektbereiche einarbeiten –
haftet gut am Untergrund, ist problemlos formbar und entwickelt im getrockneten
Zustand eine ausreichende Festigkeit. Durch die Auftragung einer Ebenholzlasur,
welche noch mittels schwarzen und sepiabraunen Pigments weiter angepasst wird,
erfolgt bereits eine erste Angleichung der beschädigten Bereiche.
Die Angleichung der goldenen Abschnitte kann ich erst nach
einer längeren Recherche bezüglich verschiedener handwerklicher Möglichkeiten beginnen.
Im Kunsthandel besorge ich mir eine Vergoldungspaste auf Wachsbasis. Diese wird
in unterschiedlichen Farbabstufungen angeboten und kann daher dem erwünschten
Farbton gut angepasst werden. Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden und werde
diese Technik, auch wenn ich das Produkt erst einmal angewandt habe, in mein
handwerkliches Repertoire gerne aufnehmen.
In der Zwischenzeit sind drei Wochen vergangen und die Füllmasse
– die Farbabplatzungen auf der Leinwand abdeckend – zeigen noch keine
erkennbare Trocknungstendenz. Da meine Geduld diesbezüglich nicht unbegrenzt
ist, fällt die Entscheidung, den Arbeitsschritt zu beschleunigen. Die nicht
trocknen wollende Füllung wird wieder vorsichtig entfernt und durch eine neue
ersetzt. Jetzt aber mische ich dem Leinöl eine kleine Menge Testbenzin bei.
Hierdurch erfolgt eine Verdünnung und gleichzeitig eine Beschleunigung des
Trockenvorgangs. Durch diesen Schritt wird auch die Regel in der Ölmalerei –
Fett auf Mager – eingehalten. Im Gegensatz zum ersten Mal passe ich die
Füllmasse durch die Einmischung von Farbpigmenten (Softpastelle) an die
anliegenden Farben bereits an, so dass die Feinabstimmung deutlich erleichtert
ist. Nach einer verkürzten Trockenzeit kann durch die Aufbringung der
Abschlussfirnis die Restaurationsarbeit abgeschlossen werden.