Lagerung und Ordnung der Pastellkreiden - Pastellmalerei

Dr. Andreas Royé
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Lagerung und Organisation der Pastellkreiden (erschienen in den NEWS der DPG 1 2022)

Bei einer Anfrage auf Facebook bezüglich Lagermöglichkeiten der Pastellkreiden in Holzkästen, sortiert nach eigenen Farbkriterien, kam es auf der Seite der DPG zu einem lebhaften Austausch von Informationen. Ich nahm dies zum Anlass, Vorschläge und Ideen in einen Bericht zu fassen, der für jeden nachlesbar in den News erscheint und auf der Website jederzeit abgerufen werden kann. Je länger ich mich mit dem Thema beschäftigte, umso mehr kam ich zu dem Schluss, dass eine allgemeingültige Empfehlung zur Lagerung, Aufbewahrung und Organisation der unüberschaubaren Vielfalt der Pastelle nicht möglich ist.
 
Nach der Teilnahme an Pastell-Kursen, Atelierbesuchen, Beobachtung der unterschiedlichsten Pastellmaler in Demos oder auf unseren Symposien und Betrachtung geposteter Videos ist die Erkenntnis eindeutig: Wir benutzen zwar das gleiche Medium - unsere Vorstellung von Lagerung und Organisation des Arbeitsplatzes könnte unterschiedlicher nicht sein.

 
Auf der Skala der extremen Möglichkeiten überwältigte mich bei einer Atelierbesichtigung die Sortierung der Pastellkreiden in tiefe Holzfächer, nur nach groben Farbgruppen sortiert. In der Ansammlung „Gelb“ befanden sich, nach den Stiftformen zu urteilen, Sennelier, Schmincke und Unison Kreiden. Banderolen waren keine mehr erkennbar. Vergleichbar chaotisch waren die anderen „Farbtöpfe“ aufgestellt. Die Farben waren durch häufiges Benutzen sehr angeglichen. Eine große Anzahl Pastelle lag wild auf dem Ateliertisch verteilt. Nur die Malerin selbst fand sich zurecht.
„Wo das Chaos auf die Ordnung trifft, gewinnt meist das Chaos, weil es besser organisiert ist“ Friedrich Nitzsche


Als extremer Kontrast ist der Ateliertisch eines befreundeten Malers zu erwähnen.  Hier lagen an die tausend Pastellkreiden, korrekt in Schaumstoffeinlagen liegend, mit Banderole beschriftet und nach Hersteller und Farbnummern sortiert. Nach dem Gebrauch von max. 3-4 Pastellen erfolgte eine erneute Einsortierung. Neben dem Gesamtsortiment einzelner Hersteller waren die meisten Farben in eigenen Holzkästen untergebracht.
Zur Herstellung der Schaustoffeinlagen hat der Künstler ein eigenes Brenneisen entwickelt (cave beim Nachbau! giftige Gase bei Anwendung!).
Die Pastellwerke beider Künstler#innen waren einzigartig und sehr gut gemacht. Sie kommen mit der Aufbewahrung ihrer Pastellkreiden und der eigenen Ordnung sehr gut zurecht und machen sich - zu Recht - keine Gedanken über alternative Möglichkeiten.

 
Die vielen Beiträge und lebhaften Diskussionen über die Lagerung der Pastellkreiden in Holzkästen oder vergleichbaren Behältnissen darf nicht den Eindruck vermitteln, dass es sich bei dieser Aufbewahrung um die einzig Richtige handelt. Die beiden erwähnten Beispiele zeigen die große Bandbreite der Möglichkeiten. Der Fantasie sind diesbezüglich keine Grenzen gesetzt. Ein lesenswerter Artikel zu diesem Thema ist auf der Website der Künstlerin Sofie Ploeg zu finden (https://www.sophieploeg.com/blog/pastel-storage-sorted/)

 
Am Anfang einer jeden Pastellbegeisterung steht eine überschaubare Sammlung von Pastellkreiden. Bei einer intensiven Beschäftigung mit dem Medium Pastell und zunehmender Erweiterung der eigenen Fähigkeiten kommt rasch eine größere Anzahl von Farben, auch verschiedener Hersteller, hinzu. Ist eine kleinere Anzahl von Farben noch übersichtlich in den mitgelieferten Farbkästen zu lagern, entsteht bei größer werdenden Farbmengen mit unterschiedlicher Form und Größe ein Problem:

 
  • Die Lagerung der Pastellkreiden in passende Schaumstoffe erlaubt leichter eine genaue Zuordnung. Die Verteilung ähnlicher Farben auf verschiedene Kästen ist ab einer größeren Farbanzahl unübersichtlich, Farbvergleiche sind aufgrund der getrennten Lagerung erschwert. Die Lösung wäre eine Umsortierung der Pastellkreiden. Ob die Pastellkreide nach Farben, Tonwerten, kalten und warmen Farbtönen, Hersteller, Härtegraden, häufig gebrauchte und selten angewandte Töne sortiert wird, ist jedem selbst überlassen. Ein Richtig und Falsch gibt es nicht.  Jeder wird seine eigene Organisation entwickeln und viele können sicherlich bestätigen, dass sich die Organisation der Pastellkreiden durchaus im Laufe der Jahre ändern kann. Ist nach der Umsortierung eine Einzel-Lagerung in formangepasste Schaumstoffe nicht erwünscht oder möglich, bleibt die Lagerung in größeren Fächern. Den positiven Effekt einer schnelleren Farbübersicht erkauft man sich aber mit einem Nachteil (zum Teil betrifft dies auch die Einzellagerung in Schaumstoff):
  • Die exakte Identifikation der Farben (Hersteller und Bezeichnung) ist schwieriger insbesondere, wenn durch den Gebrauch die umhüllenden Banderolen entfernt werden müssen. Nicht gerade erleichtert wird einem die Arbeit durch die Verunreinigung der Farben im Gebrauch. Spätestens vor dem Nachkauf einer Farbe ist die genaue Bezeichnung gefragt. Wenn es sich um eine eher selten benutzte Farbe handelt, stößt man rasch an seine Grenze.

     
Die genaue Farbzuordnung wird deutlich erleichtert durch zwei ergänzende Möglichkeiten:
 
  1. Die meisten Pastellmaler arbeiten nur mit einem halben Stick. An der zweiten Hälfte bleibt die Banderole. Ob diese gesondert gelagert wird (Vorrat, geringere Verschmutzung), entscheidet jeder selber. Muss auf die zweite Hälfte zugegriffen werden, kommt die Banderole in den Einkaufskorb.
  2. Entsprechend der eigenen Farbenordnung legt man sich ein Heft mit Farbmustern und exakter Kennzeichnung an. Bei jeder Farbbestimmung (nach dem Säubern der Kreiden sehr hilfreich) oder jedem Nachkauf kann darauf zurückgegriffen werden.
 
Ein Beispiel für ein selbst angefertigtes Heft mit Farbmustern und eine Vorratsbox (alle Farben und Farbreste mit Banderolen gekennzeichnet, Lager selbst hergestellt aus Resten von Passepartout- und Rückwand-Karton, Fächer nicht gepolstert, da nur als feststehendes Lager genutzt)
Die Diskussion und der Meinungsaustausch über die Entscheidung, die Pastellfarben in Holzkästen zu lagern, wird von weiteren Kriterien mitbestimmt:

 
  • Platzangebot - kann ich die Farbkästen nebeneinanderstellen, muss ich mit stapelbaren Kästen oder Schubladen arbeiten?  
  • Habe ich ein Atelier, in dem der Arbeitsplatz zur freien Verfügung steht oder muss ich ihn ggf. rasch wegräumen?
  • Benötige ich eine extra Box für Plein air Malerei - klein, leicht, fest verschließbar, erschütterungsfreie Lagerung?
  • Ist meine Planung der Pastell-Ordnung bereits ausgereift, muss sie erweiterbar sein oder umgestaltet werden können?
  • Wieviel Geld möchte ich einsetzen?  Ist neben den Kosten für ein großes Farbsortiment auch noch eine hochwertige und optisch ansprechende Lagerungsmöglichkeit erwünscht?
  • Gerade zu Beginn einer „Pastellkariere“: Welche preisgünstigen Alternative hätte man?

           
Wie an den vielen Beispielen (auf unserer Facebook Gruppe gepostet) ersichtlich, bieten verschiedene Firmen Holzkisten zur Aufbewahrung von Pastellkreiden an. Manche Boxen sind nicht nur optisch ansprechend, sondern auch für Atelier und Plein air einsetzbar. Um eine Umsortierung der Pastellkreiden nach seinen eigenen Vorstellungen durchzuführen, bedarf es dennoch einer genauen Prüfung der einzelnen Boxen.
Holzbox von Boesner (li, oben) oder der Firma Schmincke (re, oben)

Holzbox von Dakota (li) (diese Boxen werden mit Schaumstoffeinlagen angeboten, nicht universell für alle Farben passend)
Box von Jackson´s  (re) mit herausnehmbaren Tablets und mit Schaumstoff gepolsterten Fächern
Hier ein Beispiel von einem nach den Wünschen des Künstlers geordneten Farbkasten der Firma Heilmann. Die Fächer sind mit Schaumstoff gepolstert und die Farben auch für Plein air Malerei sicher zu transportieren.
Der Blick in das Atelier desselben Künstlers: flache Standardboxen von Boesner wurden eingesetzt und in Eigenarbeit mit kleinen Holzleisten Fächer unterteilt. Diese sind dann mit 1cm dickem Schaumstoff ausgelegt und nach eigener Vorstellung einer Farbordnung gefüllt. Zur Vermeidung von Staubansammlung bei Nichtgebrauch können sie gestapelt oder mit einer MDF-Platte abgedeckt werden.
Zum Abschluss der Beispiele für Holzboxen: zwei Aufbewahrungskästen mit Schubladen der Firma Boesner und Falling-Art.
Man wäre sicherlich in der Lage, die Beispielbilder noch zu ergänzen. Vor der Kauf-Entscheidung sind die geplante Farb-Ordnung ebenso zu berücksichtigen wie Einsatzmöglichkeit in- oder outdoor. Eine Schaumstoffpolsterung der Holzkisten zur erschütterungsfreien Lagerung und zur Aufnahme von Pigmentresten ist zu empfehlen und sollte unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Stiftdicke bedacht werden.

 
Die oben genannten Beispiele beziehen sich ausschließlich auf den Werkstoff Holz, da dieser beim Informationsaustausch auf Facebook das Hauptthema war. Die Firma Dakota Art Pastell bietet u.a. auch Boxen aus Kunststoff an. Jeder Pastellmaler sollte nach Berücksichtigung seiner Pläne und Einholen vieler Anregungen seiner Phantasie freien Lauf lassen. Daher möchte ich zum Abschluss noch eine meiner eigenen Aufbewahrungsboxen – eine sehr preiswerte Alternative – zeigen:  
 
Ausgangspunkt sind sog. Kleinteilekisten aus dem Baumarkt. Sie sind sehr preiswert und sollten ohne Unterteilungen gekauft werden. Die Fächergröße kann man durch ineinander verzahnte Kartonstreifen festlegen. Schaumstoff (im Internet zu bestellen) wird passend zugeschnitten und eingelegt. Zur sicheren Fixierung der Kreiden beim Transport wird in den Deckel entweder ein Fließ oder eine dünne Schaumstoffplatte gelegt.
Da der Boden stabil in einen Deckel gestellt werden kann, lassen sich die Kästen nicht nur stapeln, sondern auch platzsparend im Atelier nebeneinander gruppieren. Gefällt einem die leicht schräge Lagerung nicht oder die Deckel stören, können diese auch entfernt werden.
Durch eine Kürzung des Scharnierteils kann der Deckel rascher entfernt werden und dennoch ist ein sicherer Verschluss möglich.
Diesem bereits bewährten Systems entsprechend habe ich einen separaten Kasten für Plein Air Malerei angefertigt. Da bei der eingeschränkten Farbwahl ausschließlich halbe Kreiden zum Einsatz kommen, sind die Unterteilungen nicht angefertigt, sondern mit handelsüblichen Einlegekästchen hergestellt. Der Boden ist mit Schaumstoff ausgelegt und auch am Deckel wurden zum erschütterungsfreien Transport Schaumstofffächer angebracht.
Die Schaumstoffpolster im Deckel sollten an den Ecken leicht abgeschrägt werden, um ein reibungsloses Eintauchen in die Fächer zu gewährleisten. Die Fixierung der Polster am Deckel erfolgte mit der Heißklebepistole, da ich keinen Kleber fand, der ohne größeren Aufwand für beide Materialien gut geeignet war.
Bei Überlegungen zur Lagerung der Pastellkreiden ist der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wie wäre es z.B mit dem Umbau eines Werkzeugwagens in ein fahrbares Farblager?

Ich wünsche Euch bei eurer Planung viel Freude und schöne Ideen.


letzte Aktualisierung: 30.04.2023
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