Plein air Equipment; Optimierung unter..... - Pastellmalerei

Dr. Andreas Royé
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Optimierung des Plein air Equipments unter Berücksichtigung möglichst geringer Kosten und Ausnutzung handwerklicher Möglichkeiten (Ausgangspunkt: Pastellboxen der Firma Heilmann) (erschienen in den NEWS der DPG 1 2025)
Die größte Anzahl meiner Pastellbilder entsteht nach eigenen Fotovorlagen im Atelier. Dennoch ergeben sich immer wieder Möglichkeiten der Plein air Malerei, sei es im Rahmen von Symposien oder bei öffentlichen Malwettbewerben. Es war immer eine aufwendige Angelegenheit, das notwendige Equipment für diese Tätigkeit zusammenzustellen. Sowohl der Platzbedarf, als auch das Gewicht aller als notwendig eingestuften Objekte, überschritt meist die Grenze des Möglichen. Je häufiger sich das Problem für mich stellte, desto öfter wurden mir von Malerinnen oder Malern fast mantraartig die Vorzüge des Plein air Equipments der Firma Heilman Designs beschrieben.
 
Eine Umsetzung dieser Vorschläge scheiterte bei mir immer an drei Überlegungen:
1. Die Höhe der Anschaffungskosten.
2. Die eigene Unsicherheit, ob der zur Verfügung stehende Platz ausreicht, die erwünschten Farben mitzunehmen.  
3. Einen geöffneten Pastellkasten mit aufgesetzter Staffelei an eine Stativschraube von ca. 6mm Länge und sehr kleiner Auflagefläche sicher zu befestigen, entsprach nicht meiner Vorstellung von beruhigender Stabilität.

Wenn ich zurückblicke, wie lange die Überlegungen bezüglich für und wider bereits gehen, kann nur ein Eigenversuch mich von den Vorteilen überzeugen. Um den erwähnten Punkt 1 zu vermeiden musste ich einen Eigenbau planen, der möglichst nah an das Original herankommt. Punkt 2 ist wohl nur eine Kopfsache, deren ich mir sicher war, sie lösen zu können. Nur bei Punkt 3 standen weiterhin Zweifel im Raum. Der Auflagepunkt für die Pastellbox ist sehr klein, die Belastung hoch und Gesetze der Physik kann ich nicht ändern. Der Pastellkasten mit der aufgesetzten Staffelei hat ein Gewicht von ca. 3,5 Kg. Die Auflagefläche ist meiner Kamerahalterung gleich und die Verbindung Stativ/ Pastellbox muss auch noch Bewegungen und leichte Erschütterungen abfangen. Im Vergleich dazu hat meine ruhig stehende Kamera nur ein Gewicht von 900g. Selbst mit Teleobjektiv würde sie die Stativhalterung nicht einmal halb so stark belasten.
 
Im Internet schaute ich mir die Heilman Boxen genau an und die sog. „Rucksack“-Variante wählte ich als meine Bezugsgröße aus. Von einem befreundeten Pastellmaler, der im Besitz einer entsprechenden Pastell-Box ist, ließ ich mir noch einige Details beschreiben. So konnte ich zumindest auf dem Papier die Planung beenden. Auch wenn meine Internet-Recherche bezüglich der erforderlichen Beschläge, Scharniere und Stativschrauben noch nicht abgeschlossen war, betrat ich meinen Arbeitskeller auf der Suche nach notwendigem Holzmaterial. Eine seit Jahrzehnten im Keller lagernde Hartholzbohle lachte mich an. 3mm starke Sperrholzplatten und ein altes Tischbein, aus dem ich die Staffeleihalterung bauen wollte, vervollständigten das Angebot.
 
Die ersten Säge- und Hobelarbeiten standen an. Aus der großen Holzbohle entstanden handliche Arbeitsstücke, aus denen nach Anbringung von Nuten die Holzleisten zur Erstellung meiner Pastellkästen gefertigt wurden. Da ich exakte Zapfenverbindungen, wie bei den Heilman-Kästen, nicht herstellen kann, habe ich die Boxen mit Gehrungsschnitten und anschließender Stabilisierung mit geleimten Holzdübeln hergestellt.
Die 3mm starken Sperrholzböden sind einzeln eingepasst und geleimt. Die schmalen Unterteilungen, aus optischen Gründen an der sichtbaren Schnittstelle furniert, wurden zur Stabilisierung der Bodenplatten ebenfalls verleimt. Die abnehmbaren Deckel einer jeden Seite bestehen aus 3mm MDF-Platten und sind in die vorgesägten Nuten eingepasst.
 
Zwischenzeitlich wurden Spannbügelverschluss, Klavierbandscharnier, Halterung für die Deckel und Einschlagmuttern mit Fotoschraubengewinde geliefert. Mit der Oberfräse habe ich die erforderlichen Vertiefungen in die Randleisten gefräst, so dass die Metallbeschläge bündig und die Bewegung nicht störend montiert werden können.
Zur Vermeidung von Holzsplitterung habe ich alle Schraubenlöcher vorgebohrt. Am aufwendigsten gestaltet sich die Einbringung der ¼´´ Holzmuttern mit Fotogewinde zur späteren Fixierung auf dem Stativ. Aufgrund der asymmetrischen Gewichtsverteilung (die aufsteckbare Staffelei steht sehr randständig) habe ich die Position für die Stativauflage ausbalanciert. Nach Markierung der optimalen Position sind die Einschlagmuttern - entgegen ihrem Namen - durch vorsichtige Fräsarbeit eingepasst und schließlich eingeklebt worden.  
 
Die Herstellung einer aufsteckbaren Staffelei bedurfte einer deutlichen Abweichung vom Heilman Produkt, da Metallverarbeitung nicht meine Sache ist. Bei der von mir angedachten Alternative aus Holz sind die Bild-Halterungen einschließlich einer Pastellstaub-Auffangrinne aufsteckbar und somit der Transport platzsparend durchführbar.
Das größte Problem bestand in der exakten Positionierung der Verbindungsstifte zwischen Pastellbox und Staffeleiaufsatz. Zur Rotationsstabilität sind zwei parallele Verbindungsstifte erforderlich. Bei der Bohrung durch das Edelstahlscharnier kam es immer wieder zu minimalen Abweichungen, so dass die Staffelei mit leichtem Rotationsfehler aufsaß. Die Lösung ergab sich schließlich durch die Anfertigung einer kleinen Basisplatte mit den beiden Fixierstiften. Die Staffelei konnte dann frei von Rotationsfehlern anschließend auf diese Basis verleimt und mit Holzdübeln gesichert werden.

 
Nach nochmaligem Schleifen aller Holzteile wurden diese zum Schutz geölt. Die Montage der Schaumstoffpolsterung beendete den Bau der Pastellbox. Die Polsterung ist sowohl im Boden, als auch im Deckel 1cm stark und bildet im geschlossenen Zustand lediglich Freiraum von 6mm. Die Abstände sind so gewählt, dass auch kleinere Pastellkreiden bei geschlossenem Kasten eine ausreichende Fixierung erhalten. Bei einem gefüllten Pastellkasten mit unverbrauchten Kreiden sind daher die Deckel nur mit einer gewissen Spannung zu schließen.
Die Pastellbox zu füllen ist eine schwierige, aber schöne Arbeit. Sie wird von Zweifeln begleitet, die richtige Wahl zu treffen. Vor dem ersten Praxistest möchte ich noch ein paar Technische Daten weitergeben: Leergewicht 1940g. Mit meiner ersten Auswahl gefüllt: 3040g. Gewicht mit aufgesetzter Staffelei ca. 3500g. Maße (cm): 33 x 26,5 x 7    Maße in geöffnetem Zustand: 33 x 53 x 3,5.

 
Seit der ersten Planung und während der Bauphase konnten meine Zweifel nicht ausgeräumt werden, dass die von der Firma Heilman durchgeführte Fixierung auf einem Fotostativ eine optimale Lösung darstellt. Unterstützung fanden meine Zweifel in der Bemerkung eines Malerkollegen: „Achte auf eine hohe Stativqualität, damit die Belastung sicher abgefangen werden kann.“

 
Der erste Praxistest:
 
-        Die mit vielen Farben gefüllte Pastellbox liegt bereit
 
-        die Wechselplatte des Kamerastativs wird aufgeschraubt
 
-        die Pastellbox geöffnet und noch auf dem Boden liegend das Stativ aufgesteckt
-        Einschieben der Wechselplatte auf den Stativkopf und Fixierung aller Bewegungsrichtungen
 
-        Lösung der Deckelhalterungen und Entfernung derselben
 
-        Aufstellen eines Boards mit Malgrund und los geht’s
 
Die Befestigung von Box und Staffelei schwingt relativ stark. Der Wechselschuh ist zwar fest mit der Box verschraubt, aber ein minimaler Bewegungsspielraum zwischen Wechselplatte und Kamerastativ führt aufgrund der langen Hebel (Stativ) zu störenden Schwankungen.
Die Klemmvorrichtung am Handgriff des Stativs wird nochmal nachgezogen. Stetige Bewegungen bei der Arbeit können die Klemme überfordern und ein plötzliches Abkippen würde viele Pastellkreiden Richtung Erde befördern. Durch Umstellung des Stativkopfes von Kamera- auf Videoführung lässt sich an meinem Stativ zwar die Richtung der Abkippung reduzieren, aber nicht vermeiden. Es bleibt risikoreich und unbefriedigend. Ein entspanntes Malen ist mir nicht möglich. Da fallen mir wieder die Worte des befreundeten Malers ein: „Investiere in ein gutes Stativ, denn in der Verbindung beider Systeme liegt der Schwachpunkt dieses Plein air Equipments.“

Soll ich mir ein neues Stativ kaufen? Gehe ich mit meiner Pastellbox in ein Geschäft für Fotobedarf zur Testung der verschiedenen Stative? Was ist, wenn die Stabilität aufgrund gleich kleiner Auflagefläche unverändert ist?

Die Aufgabe eines artgerecht eingesetzten Kamerastativs besteht in einer sicheren und frei einstellbaren Kamerastellung. Bei der Fotografie mittels Selbstauslöser finden keine Bewegungen an der Kamera statt. Bei unserem Plein air Equipment ist der Schwerpunkt der Stativ-Aufgabe eine völlig andere: Eine frei einstellbare Position der „Kamera“ (Pastellbox) ist nicht erforderlich, die Gewichtsbelastung ist fast doppelt so hoch und zu allem Überfluss hält der „Fotograf“ sein Equipment auch nicht ruhig.
Die unterschiedlichen Aufgabenschwerpunkte zeigen gleichzeitig die Lösungsmöglichkeit: Die Stabilität zwischen Stativbeinen und Pastellbox muss zu Lasten der freien Beweglichkeit verbessert werden.
 
Den beweglich einzustellenden Stativkopf habe ich entfernt und stattdessen eine starre Halterung mit Schraubgewinde eingefügt. Durch eine gleichzeitig vergrößerte Auflagefläche konnte eine deutlich verbesserte Stabilität erreicht werden.  Für die Umsetzung dieser Verbesserung bedurfte es lediglich den Kauf einer Stockschraube (halb Holzgewinde, halb 1/4´´ Fotogewinde). Ein Rundholz (alte Regalstütze aus Eiche) wurde auf die erforderliche Dicke gedrechselt und nach Einbringung der Schraube die kleine Auflageplatte verleimt.
Mit dieser neuen Halterung wurde das Plein air Equipment aufgebaut. Bereits bei der Montage zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Stabilität. Sollten in der Praxis unebene Gelände-Situationen eine Stellungskorrektur der Pastellbox erforderlich machen, dann kann diese nicht mehr am Stativkopf korrigiert werden. Mittels der vorliegenden Schnellverschlüsse an den Stativbeinen ist dieser Nachteil aber rasch auszugleichen.
 
Mal sehen, wo ich nach längerer Praxiserfahrung noch Verbesserungen einbauen kann. Ein Folgebericht ist nicht auszuschließen.

 
Fazit: Die Kästen von Heilman Designs sind gut durchdacht und ihr Geld wert. Eine Verbesserung ist je nach Stativ durch eine starre Verbindung zur Pastellbox zu erreichen.

 
Andreas
letzte Aktualisierung: 30.04.2023
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